Veszprém (c)Pixabay

Petőfi 200 und Veszprém, die Europäische Kulturhauptstadt 2023

Petőfi 200 und Veszprém, die Europäische Kulturhauptstadt 2023

Dieser Beitrag widmet sich zwei ungarischen Schätzen, die im Jahr 2023 von besonderer Bedeutung sind. Einerseits dem berühmtesten Dichter und Freiheitskämpfer von Ungarn, Sándor Petőfi, der vor knapp 200 Jahren am 01.01.1823 geboren wurde, andererseits der ungarischen Stadt Veszprém und ihrer Region, die  neben zwei andere Städten, Elefsina (Griechenland und Timisoara (Rumänien) zur Europäischen Kulturhauptstadt 2023 ernannt wurde.

Sándor Petőfi (c)Miklós Barabás, Wikimedia Commons

Freiheit und Liebe
sind all mein Streben!
Für meine Liebe
könnt' ich das Leben,
doch für die Freiheit
die Liebe selbst geben.

Quelle: https://mek.oszk.hu/01000/01008/01008.htm#16 , Das Gedicht erschien in „Schätze der ungarischen Dichtkunst, Band V., Autor: István Kerékgyártó, CORVINA Verlag, 1984. Auf Deutsch wurde es von Martin Remané übersetzt.
Freiheit und Liebe : Leben und die Bedeutung von Sándor Petőfi

Sándor Petőfi (Geburtsname: Petrovics) ist am 01.01.1823 in Kiskőrös, Ungarn geboren. Sein Vater war Metzger, seine Mutter arbeitete vor der Ehe als Dienstmagd. Obwohl die Familie mehrmals umzog, versuchten die Eltern ihren Sohn immer in gute Bildungseinrichtungen zu schicken. Leider änderte sich das nach 1838, als die finanzielle Sicherheit der Familie, bedingt durch das große Hochwasser in diesem Jahr und unglücklicher Familien-Ereignisse zusammenbrach – der junge Petőfi musste mit erst 15 Jahren seine Schule verlassen und mit Armut und Elend kämpfen. Von 1839 bis 1841 wurde er daher Soldat. Aber schon ein Jahr später, feierte er seinen ersten großen literarischen Erfolg: Sein Gedicht „A borozó“  („Der Zecher“), erschien am 22. Mai im Athenaeum, der renommiertesten literarischen und wissenschaftlichen Zeitschrift der damaligen Zeit in Ungarn. Noch im selben Jahr veröffentlichte die gleiche Zeitschrift sein Gedicht „Hazámban („In meiner Heimat“), das er als „Petőfi“ signierte. Zwischen 1842 und 1844 versuchte er sein Glück als Schauspieler in unterschiedlichen Wanderbühnen. Dies waren anstrengende Jahre. Nachdem er seinen Traum als Schauspieler aufgeben musste, fuhr er Anfang 1844 nach Pest. Mithilfe von seinem Paten, Mihály Vörösmarty (ungarischer Dichter und Schriftsteller, einer der größten Vertreter der ungarischen Romantik) konnte er seine erste Gedichtsammlung veröffentlichen und wurde als Hilfsredakteur von „Pesti Divatlap“ („Pester Modeblatt“) angestellt. Dies war vielleicht die produktivste Zeit seiner dichterischen Laufbahn. Seine Gedichte und andere Werke, die er jede Woche in der Zeitschrift veröffentlicht hat, waren sehr erfolgreich. Es ist auch der Sammlung und Wertschätzung der Volksdichtung zu verdanken, dass Petőfis Volkslieder und Lebensgeschichten so erfolgreich waren. Außerdem haben vor allem seine Liebesgedichte seine Popularität in der Öffentlichkeit stark gesteigert. Im April 1846 wurde der Zyklus von sechsundsechzig Gedichten mit dem Titel „Felhők“ (Wolken“) in einem Einzelband veröffentlicht. „Felhők“ ist nicht nur eine Neuerung in seiner Poesie, sondern auch ein Wendepunkt seine Sichtweise. Er erkennt, dass er seinen Blick auf ein höheres Ziel richten muss: nämlich den Völkern zu dienen, die sich aus ihrer Sklaverei befreien wollen. Im Jahr 1846 lernte er Júlia Szendrey kennen, die er ein Jahr später, am 8. September 1847 heiratete. Am 1. Januar 1847 erschien sein berühmtes Gedicht „Szabdság, szerelem!“ („Freiheit und Liebe“): Diese zwei Begriffe haben nicht nur seine Dichtung, sondern auch sein Leben stark beeinflusst.

Petöfi Statue Budapest (c)Pixabay
Petöfi Statue Budapest (c)Pixabay

Der 15. März 1848 ist der Tag der ungarischen Revolution in Pest und der Tag Petőfis. Als geistiger Führer der „Märzjugend“ war er einer der Hauptakteure der Ereignisse. Neben den 12 Punkten ist sein Werk „Nemzeti Dal“(“ Nationallied“) der wichtigste Ausdruck des Volkswillens. Die Vision des Dichters von der Revolution schien sich zu verwirklichen, und er stand an der Spitze einer Volksbewegung in der Rolle, die er sich vorgestellt hatte. Aber vom 15. März 1848, dem Höhepunkt des Sieges und des Ruhmes bis zum 31. Juli 1849, der endgültigen Katastrophe von Segesvár, scheint sein Weg ein einziger großer Fall zu sein. Seine Position in der Politik konnte er nach dem 15. März nicht behalten und er verlor er seine führende Rolle. Am 15. Oktober 1848 wurde Petőfi Hauptmann beim Honvédbataillon in Debrecen. Ab 1849 diente er als Adjutant unter dem polnischen General Józef Bem im ungarischen Freiheitskampf gegen die Habsburger. In der Schlacht bei Segesvár fiel Petőfi schließlich am 31. Juli 1849.

Wer mehr über Petőfi erfahren möchten, sollte ins Petőfi-Literaturmuseum (Petőfi Irodalmi Múzeum) in Budapest gehen, dort gibt es dieses Jahr auch eine neue Dauerausstellung “Költő lenni vagy nem lenni” (Dichter sein, oder nicht sein) über den Dichter.

Zum Petőfi-Jahr 2023, finden das ganze Jahr über unterschiedliche Programme an zahlreichen Standorten mit einem Schnittpunkt statt: Im Zentrum steht der ungarische Dichter. Wenn Sie die ganze Liste der verschiedenen Programme und Standorte sehen möchten, besuchen Sie die Webseite von Petőfi, die zu diesem Anlass gestaltet wurde.

Zum Schluss noch eine interessante Tatsache über Petőfi: Laut Literaturhistoriker hat der Dichter die Stadt Veszprém mehrmals besucht – das letzte Mal mit seiner Frau am 5-6. März 1848. Unter seinem Gedicht „A vadonban” („In der Wildnis”) hat er selber den Ort und Jahr aufgezeichnet: Veszprém, 1842. Angeblich sollte er auch als Mitglied der Wanderbühne in Veszprém und in der Gegend gespielt haben! Ihm zu Ehren trägt das Theater der Stadt seinen Namen: „Petőfi-Theater Veszprém”.

Veszprém, die Stadt der Königinnen

Der Titel „Europäische Kulturhauptstadt“ verspricht ein vielfältiges Programm, das das Ergebnis der kuturellen Aktivitäten in der Region ist. Ziel der Kulturhauptstädte ist es, die Kultur mit dem Rest Europas zu teilen und sich vorzustellen, dabei auch die Kreativwirtschaft und Attraktivität für Besucher zu steigen. Europa blickt neugierig auf Ungarn und die Region Veszprém/Balaton besticht mit vielen tollen Veranstaltungen und Projekten rund um ihre Kultur, die Menschen und ihre Geschichte.

Was macht die Kulturhauptstadt Veszprém und ihre Umgebung so besonders?

Die Stadt Veszprém hat eine lange Geschichte. Schon im 5. Jahrtausend vor Christi lebten in der Gegend Menschen – das belegen auch archäologische Funde. Im 2.-4. Jahrhundert lebten in der Gegend, genannt Pannonien die Römer. In den Jahren 895-896, im Frühmittelalter entdeckten die ungarischen Stämme (Magyaren) das Karpatenbecken und die Familie des Großfürsten nahm die Stadt Veszprém und ihre Umgebung in Besitz. Ende des 10. Jahrhunderts wurde Veszprém zum fürstlichen und königlichen Sitz. Im Jahr 1216 wurde das Recht des jeweiligen Bischofs von Veszprém, die Königin zu krönen, von einem päpstlichen Gesetz bestätigt. So wurde Veszprém zur Stadt der Königinnen. Durch die kommenden Jahrhunderte wurde die Stadt mehrmals überfallen, bombardiert und zerstört. Trotzdem sind heute noch immer zahlreiche Sehenswürdigkeiten in der Stadt, die diese schwierigen Zeiten überlebt haben, wie die Veszprémer Burg, das Heldentor, der Feuerturm, der St. Michael Dom, die Gisela-Kapelle oder die Ruinen des griechischen Klosters.

Auch die Umgebung von Veszprém ist sehenswert! Der Plattensee (Balaton) ist mit dem Auto nur 30 Minuten entfernt. Die Benediktinerabtei in Tihany ist eines der berühmtesten Reiseziele am Nordufer des Plattensees. Wenn man Zeit in der Natur verbringen möchte, kann man die Burg von Csesznek oder das Schloss Sümeg besuchen. F ür Natur- und Baumfreunde ist die Zisterzienserabtei mit ihrem Arboretum in Zirc ein obligatorisches Programm, da es sich dabei um die höchstgelegene Sammlung von Bäumen Ungarns handelt. Wer besondere Souvenirs aus der Region sucht, der sollte im nur 10 min entfernten Herend halt machen, wo sich die älteste und größte Porzellanmanufaktur Ungarns und Europas befindet. Im Besucherzentrum “Porcelanium” findet man Geschirr und andere nützliche und schöne Dinge.

Veszprém wurde beim Wettbewerb „European Best Destinations 2023“ mit dem prestigeträchtigen 7. Platz ausgezeichent und gehört zu den familienfreundlichsten städtischen Reisezielen. Die Stadt der Königinnen erwartet Sie!

Zur Autorin: Edit Fazekas

Edit Fazekas ist eine ehemalige Germanistik-Studentin der Fakultät für Geisteswissenschaften an der Loránd-Eötvös-Universität Budapest. Sie lebt zurzeit in Deutschland und verbindet damit den ungarischen und deutschsprachigen Raum miteinander. Reisen und (ob deutsche oder ungarische) Literatur sind zwei ihrer – nicht so geheimen – Leidenschaften.

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