Die Barockzeit
Die Barockzeit
In Ungarn wandte sich das Kriegsglück den Habsburgern zu. Doch der Weg dorthin war schwer. Zweimal erschienen die Türken vor Wien: Zum ersten Mal 1529 unter Sultan Süleyman dem Prächtigen und dann 1683 mit dem größten Heer der damaligen Zeit. Umso gewaltiger war das Echo auf den epochalen Sieg, den die Österreicher im Verbund mit Polen und Bayern 1683 am Kahlenberg errangen. Prinz Eugen von Savoyen avancierte zum Feldherrn und komplettierte die „Vollkommene Victoria“ des Hauses Austria. Ganz Ungarn fiel den Habsburgern zu. Mitte des 18. Jahrhunderts war Österreich die unbestrittene Vormacht an der Donau. Sein Triumph manifestierte sich im prächtigen Donau-Barock.
Der Barock österreichischer Prägung nahm in Kirchen und Klöstern an der Donau seinen Anfang. In Sankt Florian begann Carlo Carlone mit dem barocken Umbau des Chorherrenstifts. Prunkstiege, Marmorsaal und Kaisertrakt bilden eine einzige Hommage an die Habsburger Dynastie. Ab 1688 wurde in Kloster Melk ein gewaltiges Neubauprogramm in Gang gesetzt, das bis zur heutigen monumentalen Form noch über ein halbes Jahrhundert in Anspruch nehmen sollte. Und auch das Benediktinerstift Göttweig wollte sich der neuen, siegreichen Zeit anpassen. Hier war überhaupt das größte Donaukloster geplant, dessen hochragende Mauern und Kuppeln den Triumph über Muslime und Protestanten gleichermaßen symbolisieren sollte. Die habsburgische Vormachtstellung im Reich war nun unangefochten. In Bauwerken, bildender Kunst, Theater und Musik wurden die Glorie und der Genius Österreichs beschworen. Die Hofburg und die Kaiserstadt an der Donau rivalisierten mit Versailles und Paris um die politische und kulturelle Vorrangstellung. Wien erhielt sein barock-pompöses Gesicht. Unter Kaiser Karl VI. (1711–1740) wirkten die berühmten Barockbaumeister Johann Bernhard und Joseph Emanuel Fischer von Erlach und Johann Lukas von Hildebrandt. Die glanzvolle Hofbibliothek, die Winterreitschule und der Reichskanzleitrakt entstanden unter ihrer Ägide. Die Fürsten Schwarzenberg, Liechtenstein, Lobkowicz, die Schönborn, Auersperg und Trautson eiferten mit ihren prunkvollen Palais dem kaiserlichen „Großen Wiener Welttheater“ nach. Prinz Eugen von Savoyen, den seine Siege im Osten wie Westen zum reichsten Mann der Monarchie gemacht hatten, ließ sich auf dem sanften Abhang im Süden der Residenzstadt das Untere und Obere Belvedere erbauen.
Auf die repräsentative Barockisierung der Kirchen legten die gegenreformatorischen, streng katholischen Habsburger besonderes Gewicht. Die kühle Pracht der 1737 vollendeten Karlskirche in Wien spiegelt das imperiale, religiös-weltlich überhöhte Machtbewusstsein der Dynastie Habsburg wider. Auch im Kaiserstift Klosterneuburg erinnern die zwei Kronenkuppeln, Kaiserkrone und Erzherzogshut darstellend, an das Vorhaben Kaiser Karls VI., den alten Bau zu einer grandiosen Klosterresidenz auszubauen. Entlang der Donau entfaltete sich eine neue Welle barocker Bauten. Die himmelstürmende Architektur von Melk erlebte seine Vollendung.
Die Dörfer und Städte entlang der Donau erhielten nun ihr bis heute erhaltenes barockes Gepräge. In Krems wirkte der Maler Martin Johann Schmidt, genannt Kremser Schmidt (1718–1801). Hunderte von Kirchen hat er in Niederösterreich mit Deckenfresken versehen und dazu auch Wohn- und Gasthäuser ausgemalt. Ein häufig abgebildetes Donau-Motiv ist der zartblau gestrichene, mit Balustraden und Risaliten geschmückte Turm der Himmelfahrtskirche zu Dürnstein. In Linz sind noch zahlreiche barocke Bauensembles erhalten. Inmitten des rechteckigen Hauptplatzes erhebt sich die 23 Meter hohe, wolkig aufgebaute, mit Putten, Monstranzen und Heiligenfiguren durchwirkte Dreifaltigkeitssäule. Diese sakralen Denkmäler sind typische Reminiszenzen an die habsburgische Gegenreformation des 17. Und 18. Jahrhunderets. Wir finden barocke Dreifaltigkeitssäulen, Marienstatuen und Heiligenskulpturen in allen größeren Ortschaften an der Straße der Kaiser und Könige, auch entlang der slowakischen und ungarischen Donau.
Im Zeitalter der Monarchin Maria Theresia (1740-1780) erlebten die Reichshauptstadt Wien und die österreichischen Donauländer einen Höhepunkt in kultureller, wirtschaftlicher und politischer Hinsicht. Die Aufklärung gewann in der Wiener Hofburg immer mehr an Boden, in der Geschichtswissenschaft spricht man vom „aufgeklärten Absolutismus“. Zahlreiche Großbauten entstanden, als berühmtestes das Schloss Schönbrunn, dessen eigentümliche Farbgestaltung, das „Schönbrunner Gelb“, bald auf alle habsburgischen Amtsgebäude zwischen Rhein und Karpaten abgefärbt hat. Auch in Bratislava (Preßburg) und Buda errichtete der Adel Palais, Stadtschlösser und Gärten im Wiener Barockstil.
Maria Theresias Sohn, Kaiser Joseph II., dachte großräumig und reformorientiert. Nach dem Aussterben der bayerischen Linie der Wittelsbacher ergab sich die Möglichkeit, Bayern dem habsburgischen Großreich einzuverleiben und somit einen Donaustaat vom Lech bis Belgrad zu begründen. Doch erhob Friedrich II. von Preußen sofort Einspruch. Der „Alte Fritz“ – ein Preuße! – hat also Bayerns Eigenständigkeit gerettet! Der Inn bildet seitdem die natürliche Grenze Oberösterreichs zu Bayern.
Barock ist keine einheitliche Kunstform. Seine Ausbreitung erfolgte mit regionalen Verzögerungen und Sonderentwicklungen, deren eine der bayerische Barock darstellt. Aushängeschild dieser Richtung sind die Brüder Asam. Beeinflusst und inspiriert vom römischen Barock gelangen den Gebrüdern Asam (Egid Quirin und Cosmas Damian) neue künstlerische Lösungen und Erfindungen, die auch für nachfolgende Generationen entscheidende Akzente setzten. Die alte Verbindung der Familie Asam zu den Benediktinern sowie ihre herausragende Kunstfertigkeit in Sachen Freskomalerei und Stuckatur brachten den Brüdern Auftrag um Auftrag und ein ständiges Anwachsen des Ruhmes. Die Meisterwerke, die den Namen Asam bekannt machten, sind entlang der Donau in Weltenburg, Rohr, Regensburg, Straubing, Metten und Osterhofen, sowie etwas abseits der Donau in Aldersbach zu besichtigen.