Schallaburg Donau © Angelika Mandler-Saul

DONAU. Menschen, Schätze & Kulturen

DONAU. Menschen, Schätze & Kulturen – Vom Schwarzen Meer zur Schallaburg

Am 1. Juni öffnete die neue Ausstellung auf der Schallaburg in Niederösterreich ihre Pforten: Die „DONAU – Menschen, Schätze & Kulturen“ hat sie zum Thema und ihre Reiseroute ist für uns Besucher ein wenig ungewöhnlich. Denn die Ausstellung folgt nicht der Fließrichtung der Donau, sondern sie schickt uns „gegen den Strom“ – so wie die ungewöhnliche Kilometrierung des Flusses es auch tut. Denn die Donau beginnt mit ihrer Flusskilometerzählung mit Kilometer Null in Sulina: Dort wo die Donau in das vielzitierte Schwarze Meer mündet, dort beginnt unsere Reise westwärts entlang des Flusses bis zum Renaissanceschloss der Schallaburg im Melker Alpenvorland im Mostviertel. Warum reisen wir ausstellungstechnisch so ausgesprochen gegen den Strom?

Kurator Domink Heher erklärt: „Die Reise gegen den Strom soll vor allem deutlich machen, dass ein Fluss keine Einbahnstraße ist: Der Austausch hat immer schon in beide Richtungen stattgefunden… Die Ausstellungsreise von Sulina bis in die Wachau soll die Besucherinnen und Besucher dazu inspirieren, den Donauraum auch außerhalb der Mauern der Schallaburg zu erkunden.“

Das tun wir gerne, aber zunächst betreten wir das schöne neue Besucherportal der Schallaburg – der Parkplatz ist am ersten Ausstellungstag, dem 1.6.2020 morgens, schon gut gefüllt. Nach den Wochen der Ausgangsbeschränkungen dank des Corona Virus sind auch wir kulturhungrig und gespannt auf die Geschichten hinter der Donau, den Landschaften und den Menschen im Donauraum.

Schallaburg Donau © Angelika Mandler-Saul
Schallaburg Donau © Angelika Mandler-Saul
„Meine Reise an der Donau“

So titelt der gelbe Reisebegleiter der Ausstellung – in welchen Donauländern war ich schon? 10 Länder sind es, kriegen Sie auf Anhieb alle zusammen? Wir nicht, es sind: Rumänien, die Ukraine, Moldawien, Bulgarien, Serbien, Kroatien, Ungarn, die Slowakei, Österreich und Deutschland. Videoscreens mit Stories von Menschen und ihren Berufen an der Donau, von touristischen Regionen, von Kultur und Kulinarik und teils auch „grenz-wertige“ Geschichten über verschwundene Inseln, vergangene Kulturen und vertriebene Völker begleiten uns durch die gesamte Ausstellung.

Die Kids hingegen werden da ganz anders abgeholt: Ebenfalls multimedial, aber auch haptisch: Kleine Höhlen zum Hineinkriechen und Erkunden, sie lauschen dem Baummarder, dem Seeadler und den Schwänen, die über ihren Lebensraum und ihren tierischen Alltag plaudern: So witzig und kindgerecht und mit so lustigen Texten versehen, dass ich manchmal lieber der Kinder-Version der Hintergrundstories lausche anstatt vor den Video-Screens stehen zu bleiben. Die Texte stammen u.a. von der bekannten und ausgezeichneten Kinderbuchautorin Lena Raubaum, die auch für die Tierstimmen verantwortlich zeichnet – man kann sie auch online nachhören. Dino ist der zerstreute Donaukammmolch, Serban der Seeadler und die Schwäne heißen Pavol und Paul – sie kennen ihre Donau seit Jahrhunderten viel besser als wir Menschen und verraten den Kindern ihre kleinen Geheimnisse. Oder wussten sie, dass eine Nase ein Fisch ist? Eben, Nele Nase hat halt die Nase vorne.

Wussten Sie schon, dass….

Doch dann gibt es überraschende Informationen und Exponate, die noch nie in Österreich zu sehen waren und die dann doch meine ganze Aufmerksamkeit verlangen. Etwa dass die Donau vor 20 Millionen Jahren noch westwärts floss – jetzt fließt sie ja gen Osten. Sie hat keine eigenen Quelle und hat zwischen 1012 und 2013 gleich 450 echte große Hochwasser erlebt. Ab 1768 reiste Nikolaus Ernst Kleemann 2000 Kilometer auf der Donau von Wien bis an das Schwarze Meer und schrieb hiebei seine Erlebnisse im Tagebuch wieder, das 1783 mit dem etwas sperrigen Titel „Tagebuch der Reisen von Wien auf der Donau bis an das schwarze Meer, dann zu Land durch die Butschiak- und Nogemtartarey in die Krim, von da über das schwarze Meer nach Constantinopel und Smyrna und durch den Archipelagum, den Golf di Venezia über Triest nach Wien zurück. In den Jahren 1768, 1769 und 1770. Nebst einem Anhange von den besonderen Merkwürdigkeiten der krimischen Tartarey und erprobten Entwürfen über die Handlung in die Levante.“ als Druckwerk erschien und heute nur noch in ausgesuchten Antiquariaten erhältlich sein dürfte.

Wussten Sie, dass das Donaudelta mit seinen Pelikanen bei Sulina etwas größer als das Mostviertel ist und dass es in Rumänien mit der Stadt „Bulg“ ein „kleines Wien“ gab – dort wurde erstmals in der Geschichte der Fotografie ein Mensch auf einem Foto abgebildet und die ausgestellten Exponate erinnern tatsächlich an Villen-Leben am Semmering der Jahrhundertwende oder an Intérieurs der Palais auf der Wiener Ringstraße.

Oder haben Sie schon von der osmanischen Donau-Insel, der türkischen Enklave und dem einst romantischen Ausflugsziel Ada Kaleh in Rumänien (zuvor von der Habsburgermonarchie annektiert) gehört – wo 25.000 Menschen umgesiedelt wurden,  um einem Kraftwerk Platz zu machen und die schließlich 1971 in der Donau versank?

Und – kennen Sie die Trajansbrücke über die Donau bei Drobeta Turnu Severin in Rumänien, die bereits 105 n. Chr. von Kaiser Trajan fertiggestellt wurde und die erste dauerhafte Brücke über die untere Donau war? Sie gilt auch heute noch als bauliches Meisterwerk – damals war sie mit über 1 Kilometer die längste Brücke der Welt. Und dass die Donau schon im 19. Jahrhundert teilweise überfischt war, dass ist eine traurige Gewissheit. Aber die berühmte Fischsuppe, die Halaszle – die kennen Sie doch sicher, oder? Baja in Südungarn ist ihre heimliche Hauptstadt und ihre Herstellung ist seit 1800 belegt: Und zwar benutzte man damals den „Pfeffer aus Indien“ – den Paprika, wie ein Kräuterbuch aus 1609 aus der Stiftsbibliothek Melk weiß. Wo die Wiege Europas liegt, das müssen Sie aber selbst rauskriegen!

Nagymaros am Donauknie (das „Hainburg Ungarns“) – das ist Ihnen aber zweifellos ein Begriff, zumindest wenn Sie in den 1970er Jahren schon Nachrichten gehört haben, Stichwort Gabcikovo. Dort befindet sich auch das berühmte und touristisch begehrte „Donauknie“ beim Sitz der Könige von Visegrád, nicht umsonst ein ganz reizvolles Urlaubsziel an der Grenze zwischen Slowakei und Ungarn. Dort in der Nähe des ehemaligen Königspalastes liegt auch das „Montmartre an der Donau“ Szentendre, gemeinsam mit Esztergom Ausflugsziele ex Wien, die noch einen kleinen Touch von einem echten Geheimtipp haben. Von mir haben sie es aber nicht, ich war schon schon vor Jahrzehnten dort!

Schallaburg Donau © Angelika Mandler-Saul
Schallaburg Donau © Angelika Mandler-Saul
Anlanden in Österreich

In Bratislava sind wir  schon fast in Österreich und damit am Ende unserer Reise in der Schallaburg gelandet. Österreich deshalb, weil ja Bratislava lange Hauptstadt Ungarns war und damit wichtige Stätte unserer Doppelmonarchie. So wichtig, dass ab 1914 auch eine Lok mit 60 km/h zwischen Wien und Pressburg unterwegs war – ein gewagter Mix aus Bim und Tram. Auch das erfährt man in der Ausstellung, weiters von den einst Wien bedrohenden Eis-Stößen, derer man mit „Schwimmtoren“ und „Sperrschiffen“ entlang des Donaukanals Herr zu werden trachtete. Damit sind wir endgültig an der „schönen blauen Donau“, wie wir Ostösterreicher sie aus dem gleichnamigen Johann Strauß Sohn Walzer kennen, gelandet. Über die Wachau, der als eine der letzten frei fließenden Abschnitte der Donau noch ein schöner Teil der Ausstellung gewidmet ist, gelangen wir zum Schatz der Nibelungen und endlich ins Melker Alpenvorland bei der Schallaburg.

Der Titel „An der schönen blauen Donau“, wie wir ihn heute vom Donauwalzer kennen, ist übrigens wahrscheinlich einem Gedicht von Isidor Beck aus Baja entnommen – damit dürfte er aber die Donau in Südungarn beschrieben haben. Das stört uns aber nicht, denn erstens war sie niemals irgendwo blau und zweitens wissen wir  spätestens jetzt:

Die EINE Donau, die gibt es nicht.

Fakten zur Ausstellung in der Schallaburg

Donau. Menschen, Schätze & Kulturen. Vom Schwarzen Meer zur Schallaburg.

  • Schallaburg Online
  • Ausstellungsdauer 1. 6. 2020 – 8. 11. 2020
  • Empfohlen: Online Kauf von Tickets mit Zeitfenster
  • Führungen ebenfalls online buchbar, Dauer 75 Minuten
  • Familienprogramm & Familienführungen (60 Minuten)
  • Hörgeschichten für Kids
  • Gut sortierter Shop mit vielen Buch-Ideen
  • Hunde im gesamten Areal verboten, auch outdoors
  • Schallaburg Restaurant mit schönem Café im Innenhof
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